THW bei Train-the-Trainers-Auffrischungskurs in Jordanien

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Jordanische Zivilschützer beim Train-the-Trainers-Auffrischungskurs

Sechs Ausbilderinnen und Ausbilder des Technischen Hilfswerks sind im Februar nach Jordanien gereist. Dort haben sie für 30 hauptamtliche Ausbilder des jordanischen Bevölkerungsschutzes einen “Train the Trainers“-Auffrischungskurs durchgeführt.

In Zusammenarbeit mit der jordanischen Zivilschutzbehörde JCD (Jordan Civil Defence Directorate) unterstützt das THW seit 2016 den Aufbau ehrenamtlicher Strukturen im Zivilschutz in Jordanien. Eine wichtige Säule des Projektes ist die Ausbildung. Einer der wichtigsten Bausteine sind sogenannte Train-the-Trainers-Kurse, bei denen jordanische Ausbilder befähigt werden, erworbenes Fachwissen an Ehrenamtliche weiterzugeben und vor Ort eigene Kurse abzuhalten. Im Februar besuchten vier ehrenamtliche THW-Helferinnen und -Helfer sowie zwei hauptamtliche Kräfte die Stadt Zarqa, um dort einen mehrtägigen Auffrischungskurs durchzuführen. Teilnehmende waren 30 hauptamtliche Trainer, die zwischen 2017 und 2019 bereits zu Besuch in Deutschland waren, um hier an einem Train-the-Trainers-Kurs teilzunehmen.

Einen Rückblick auf die langjährige Zusammenarbeit und spannende persönliche Einblicke in das Projekt geben die folgenden Interviews mit einigen Mitwirkenden an dem Auffrischungskurs:

  • Major Nabil Al-Wraikat ist 42 Jahre alt und arbeitet seit 18 Jahren beim JCD . Er ist dort “Focal Point” für die Projektzusammenarbeit und verantwortet die Umsetzung der Projektziele vor Ort. Vier Train-the-Trainers-Kurse hat er bereits mitgemacht, dabei einen in Deutschland und drei in Jordanien. Auch an anderen Trainings in weiteren Ländern war er beteiligt. Auf die Frage, ob er eine besondere Verbindung zu Deutschland habe, antwortet er: “Ich habe eine besondere Verbindung mit meinen deutschen THW-Kolleginnen und -Kollegen. Wir sind nicht nur Freunde. We are one Team.”

    Major Nabil Al-Wraikat
    Major Nabil Al-Wraikat
    Major Nabil Al-Wraikat
    Quelle: THW

  • Stefan Barth ist 41 Jahre alt und von Beruf Logistikplaner. Seit 2011 ist er beim THW, derzeit gehört er dem Ortsverband Laaber an. Der Auffrischungskurs ist sein zweiter Besuch in Jordanien im Rahmen des Projektes. Er wirkte zudem bereits an zwei Train-the-Trainers-Kursen in Deutschland mit.

    Stefan Barth, OV Laaber
    Stefan Barth, OV Laaber
    Stefan Barth, OV Laaber
    Quelle: THW

  • Julia Groppe aus dem Ortsverband Köln Nord-West ist 42 Jahre alt und arbeitet auch beruflich im Trainingsbereich der Personalabteilung einer Chemiefirma. THW-Einsatzkraft ist sie seit neun Jahren, zum dritten Mal nimmt sie an einem Train-the-Trainers-Kurs teil und ist dabei zum zweiten Mal in Jordanien dabei.

    Julia Groppe, OV Köln Nord-West
    Julia Groppe, OV Köln Nord-West
    Julia Groppe (Mitte oben mit oranger Jacke) mit Team, OV Köln Nord-West
    Quelle: THW

Verbindet euch eine bestimmte Vorgeschichte mit Jordanien oder habt ihr andere Auslandserfahrung?

Stefan Barth: Ich war im Rahmen der Flüchtlingshilfe von Dezember 2014 bis Januar 2015 für sechs Wochen in Jordanien in Azraq als Logistics Officer im Einsatz. Mittlerweile kann ich stolz sagen, dass ich ein schönes kleines Netzwerk mit Menschen in Jordanien pflegen darf. Teilweise Kontakte, die seit 2015 tragen, aber vor allem welche, die sich seit dem Train-the-Trainers-Kurs in Vilshofen 2019 gefunden haben.

Julia Groppe: Mit Jordanien hatte ich vor dem Projekt nichts zu tun und musste erst mal nachlesen, was das für ein Land ist, politisch und kulturell. Andere Auslandserfahrung mit dem THW habe ich (noch) nicht.

Was hat euch in euren Einsätzen in Jordanien und der Zusammenarbeit mit JCD am meisten beeindruckt? / Was hat dich am meisten an deinen Reisen nach Deutschland und an der Zusammenarbeit mit dem THW beeindruckt?

Stefan Barth: Ich bin froh, miterleben zu dürfen, wie sich über Strecke das Bild vom Ehrenamt als “Spontanhelfer im Einsatzfall” hin zum potenziell professionalisierten freiwilligen Bevölkerungsschützer wandelt bei den Hauptamtlichen von JCD , die mit dem Projekt in Kontakt kommen, sobald sie Trainer werden. Da hat in meinen Augen die fortwährende und immer tiefer ins Detail gehende Vorstellung des THW, der Freiwilligen Feuerwehren, der DRK -Bereitschaften, der Wasserrettung und anderer Partner, die ehrenamtlich Menschen in Not helfen, und deren Strukturen ein immer konkreter werdendes Konstrukt erzeugt. Und ich spüre, wie stolz einige JCD ler sind, dass sie beim Aufbau eines solchen Systems in ihrem Heimatland so viel Anteil haben dürfen.

Julia Groppe: Die Offenheit für uns und unsere Methoden, die Motivation, etwas Neues zu lernen und auszuprobieren. Die Gastfreundschaft, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft. Für mich als Frau war es ebenfalls sehr schön, so akzeptiert zu werden, wie das in unserer Kultur üblich ist. Da hatte ich anfangs tatsächlich Vorbehalte, die sich aber als haltlos herausgestellt haben. Händeschütteln, High Fives oder auch mit anpacken bei bestimmten Aufgaben wurde (in den meisten Fällen beiderseits) toleriert.

Major Nabil Al-Wraikat: In Deutschland haben mich besonders die pittoreske Natur, die weiten grünen Landschaften, die Wälder und die Gastfreundschaft der Deutschen sowie die freundliche Aufnahme durch das THW beeindruckt.

Was ist für euch das Besondere an den Train-the-Trainers-Ausbildungen im Projekt?

Stefan Barth: Wir haben in Deutschland über mehr als 100 Jahre, auch im THW knapp 60 Jahre, Vorsprung gegenüber Jordanien und verfügen flächendeckend über Ehrenamtsstrukturen im Bevölkerungsschutz. Wir haben Strukturen für Schulungen und Ausbildungen und Anforderungen an Funktionen, wir haben sie für die Ausstattung der Feuerwachen und Ortsverbände, wir haben finanzielle Klarheit über die Träger des Bevölkerungsschutzes, Strukturen bezüglich Alarmierung und Entschädigung der Arbeitgeber… hier ließe sich die Liste unendlich fortsetzen. All das ist für die Deutschen selbstverständlich und wird im “Tagesgeschäft” gar nicht bedacht. In diesem Projekt aber darf man ein kleiner Teil davon sein, wie ein ganzes System erst geboren wird. Wo alles neu ist, nichts gesetzt. Alles muss erst erklärt werden und auch politisch und gesellschaftlich erkämpft. Hinzu kommt noch, dass man kulturell kein “Copy/Paste” machen kann. Auch wenn ich annehmen darf, dass es sowohl für die hauptamtlichen JCD ler als auch für die Hauptamtlichen im THW, die das Projekt seit 2016 begleiten, sehr viel Aufwand, Herzblut und sicher auch die eine oder andere Enttäuschung mitbringt, würde ich mich sehr freuen, wenn immer wieder neue Kraft in Politik und Institutionen, vor allem aber bei den daran arbeitenden Menschen, gefunden wird, dass das Projekt immer weiter fortgesetzt wird. Ich kann für mich sehen, dass “die Geburt gelingt”. Wenn ich einen Moment der Frustration verspüre, dann versuche ich mich immer daran zu erinnern, dass alles, was für mich normal ist, hier noch lange nichts Gesetztes ist. Und ich bin stolz darauf, ein Stück weit Hebamme sein zu dürfen.

Julia Groppe: Wir haben ja alle das gemeinsame Ziel, Volunteers für den Bevölkerungsschutz zu gewinnen. Das ist stellenweise auch in Deutschland nicht so einfach, und in Jordanien noch mal besonders herausfordernd. Hieran gemeinsam zu arbeiten, über Ländergrenzen, Kulturen und Bürokratien hinweg, das ist schon toll. Alle Beteiligten sind mit Herzblut dabei, offen für Neues, und gleichzeitig bereit, Bewährtes aus der jeweils eigenen Kultur zu teilen. Aus jedem Train-the-Trainers-Kurs konnte ich bisher auch etwas für mein Ehrenamt hier in Deutschland mitnehmen. Sei es eine neue Methode für den Personentransport oder zur Visualisierung des Einsatzes vom Spreizer am Auto: Es gibt immer etwas, das in Erinnerung bleibt, nicht zuletzt das menschliche Miteinander.

Major Nabil Al-Wraikat: Die modernen und unverwechselbaren Trainingsmethoden, mit denen die Zivilschutztrainer ausgebildet wurden… und die gute und genaue Organisation bei der Durchführung der Schulungsaufgaben.

Was sind für euch besonders spannende persönliche oder professionelle Herausforderungen in der Projektarbeit?

Stefan Barth: Ich mag den Austausch über Sprachbarrieren hinweg. Ein wenig Arabisch zu lernen, jedes Mal ein wenig mehr. Auch sonst Wege zu finden, wie man sich verständigen kann. Ich schätze es unwahrscheinlich, mich einlassen zu müssen auf eine andere Sensitivität in der Sprache und im Verhalten durch die Anforderungen der anderen Kultur an mich. Jedes Mal ein Stück mehr zu lernen, wie ich interkulturell gut kommunizieren kann, mit meiner eigenen Sozialisierung. Ohne den Eindruck zu vermitteln, ich überhöhte unsere Kultur und schätzte die andere geringer. Respektvoll zu sein, aber doch für meine Positionen und Anliegen einzustehen. Ich habe das Gefühl, dass mir das gut gelingt. Zumindest meine fortbestehenden Kontakte vermitteln mir das. Aber es gibt noch so viel für mich zu lernen und ich freue mich sehr über jeden Moment, in dem ich spüren kann, dass wieder eine Erfahrung dazu gekommen ist. Neben dem fachlichen Austausch mit den jordanischen Kolleginnen und Kollegen und den vielen Momenten voller Scherzen und des gemeinsamen Lachens ist es besonders das, was es für mich persönlich so wundervoll macht.

Julia Groppe: Für mich persönlich war das sehr heiße Klima in Aqaba 2019 tatsächlich eine Herausforderung. 40 Grad zum Arbeiten bin ich einfach nicht gewohnt. Die Sprachbarriere habe ich nicht als große Herausforderung erlebt, da wir gegenseitig mit Händen und Füßen auch ohne Übersetzer klargekommen sind. Und beide Seiten haben auch bereitwillig das ein oder andere Wort Deutsch beziehungsweise Arabisch behalten und genutzt. Grundsätzlich sehe ich als größte Herausforderung für die Projektarbeit die Umsetzung der vermittelten Inhalte zu Methodik und Didaktik in der Ausbildung von Volunteers. Die Voraussetzungen für eine Umsetzung sind nicht vergleichbar mit Deutschland. Volunteer zu sein muss man sich zeitlich leisten können in Jordanien. Auch hierarchische Strukturen sehe ich als Hürde. Wir begegnen unseren Volunteers in Deutschland auf Augenhöhe, ebenso unseren Mit-Ausbildenden. Das ist ziemlich wichtig, um erfolgreich auszubilden. Das lässt sich nicht von heute auf morgen ändern, sondern erfordert Geduld, Zeit und vor allem Beharrlichkeit.

Major Nabil Al-Wraikat: Der Aufbau und die Vertiefung der Freiwilligenkultur in Jordanien war eine schwierige und spannende Herausforderung zugleich, da sie in Jordanien nicht sehr verbreitet war.

Was wünscht ihr euch für den weiteren Projektverlauf?

Stefan Barth: Ich wünsche mir, wie bereits erwähnt, dass die beiden Partner, Deutschland und Jordanien, weiter diesen Weg gemeinsam beschreiten, so steinig er auch sein mag an manchen Stellen. Er ist es wert. Dieses Projekt kann auf so vielen Ebenen erfolgreich sein… Flächendeckender, professionalisierter Schutz für die Bevölkerung ohne große zusätzliche Kosten für den Staat, Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements, persönliche Weiterentwicklung von Trainern und Volunteers, Schritte zur Gleichstellung von Mann und Frau bei den gleichen Aufgaben durch gegenseitige Anerkennung der Leistungen, interkultureller Austausch auf ziviler Ebene zwischen zwei Völkern… Die Liste ließe sich lange fortsetzen! Und ich wünsche allen, ob hier oder dort, Kraft, Mut, und Durchhaltevermögen.

Julia Groppe: Ich wünsche mir, dass das Projektteam weiter beharrlich und motiviert dranbleibt, und sich nicht durch Rückschläge oder Hürden frustrieren lässt. Der Grundstein ist gelegt, und da sollten wir am Ball bleiben. Vielleicht mit weiteren Train-the-Trainers-Kursen in Deutschland, aber schwerpunktmäßig mit solchen Refresher Trainings wie im Februar. Auch eine weitere Begleitung durch uns vor Ort, zum Beispiel bei der Vorbereitung der JCD -Trainer, oder während der Ausbildung der Volunteers halte ich für sinnvoll.

Major Nabil Al-Wraikat: Ich wünsche mir die weitere Verbreitung der Idee der Freiwilligenarbeit und Erhöhung der Anzahl der Freiwilligen im Bereich des Bevölkerungsschutzes. Und langfristig die Einrichtung einer Freiwilligenstation in jedem Bezirk.

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Original Quelle: THW Deutschland

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