
Ermittlungsergebnisse zum Tattag
Durch die umfangreichen Ermittlungen, welche in Teilen auch zusammen mit den österreichischen Behörden durchgeführt worden waren, wurde festgestellt, dass der Täter am Tattag, den 5. September 2024, gegen 07:00 Uhr, allein über den Grenzübergang Freilassing nach Deutschland mit dem Pkw seiner Mutter eingereist ist. Davor hatte er noch das Repetiergewehr aus einem Waldversteck in der Nähe seines Wohnortes geholt. Im Rahmen der Ermittlungen gelang es, den genauen Fahrtverlauf des Täters bis zur Tatörtlichkeit in München lückenlos zu rekonstruieren. Zudem wurde bekannt, dass sich der Täter am selben Tag im Rahmen einer höheren Geldüberweisung an seinen Bruder sowie mittels Herz-Emojis an seine Eltern vor Tatausführung von seinen Verwandten quasi verabschiedet hatte. An der Tatörtlichkeit in München angekommen, machte sich der Täter daran, sein Vorhaben und damit den Angriff auf das IGK in die Tat umzusetzen. Dabei hatte er jedoch offensichtlich zunächst Orientierungsschwierigkeiten, die mitunter auch durch eine zweimalige Schussabgabe auf das NS-Dokumentationszentrum offenkundig geworden sind. Auch lief der Umstand, dass an jenem Tage das IGK für den Publikumsverkehr geschlossen gewesen ist, den Tatplanungen zuwider. Schlussendlich kam es zum Schusswechsel mit Einsatzkräften des PP München, bei denen der Täter tödlich verletzt wurde.
Erstmaliger Einsatz VeRA im BLKA
Wenige Tage nach Beginn der Pilotierung der verfahrensübergreifenden Recherche- und Analyseplattform (VeRA) wurde im Hinblick auf den Angriff auf das Israelische Generalkonsulat diese Anwendung im Bayerischen Landeskriminalamt erstmalig in der Praxis eingesetzt.
So konnten bereits kurz nach Feststellung der Identität des Täters binnen weniger Minuten das Vorliegen polizeilicher Erkenntnisse über diese Person in Bayern ausgeschlossen werden. Zudem wurden die im Laufe der Ermittlungen erfassten Daten fortlaufend mit den polizeilichen Datenbeständen abgeglichen, um hierdurch extremistische beziehungsweise terroristische Personenstrukturen im Umfeld des Täters feststellen zu können. Damit sollten mögliche ähnlich gelagerte, weitere geplante Anschlagsvorhaben abgewehrt bzw. Hinweise auf möglicherweise weitere bevorstehende Straftaten von erheblicher Bedeutung u. a. für Leib und Leben erkannt, respektive verhindert werden.
Hintergrundermittlungen zur Person
Im Rahmen der Hintergrundermittlungen zum Täter wurden insbesondere zahlreiche Vernehmungen in Deutschland sowie Österreich durchgeführt und ausgewertet. Hier sind vor allem die Vernehmungen im familiären Umfeld, der Lehrkräfte sowie zweier ehemaliger Schulkameraden anzuführen, welche am Tattag vom Täter kontaktiert wurden. Dabei bestätigte sich einerseits das Bild des sozial isolierten Einzelgängers. Andererseits wurden auch ungewöhnliche religiöse Verhaltensweisen in Form eines Wasch- und Gebetszwangs offenkundig. Ferner konnte ein starkes Interesse des Täters an Schuss- und Stichwaffen in der jüngeren Vergangenheit festgestellt werden, das ab Juli 2024 in mehrere gescheiterte Waffenerwerbsversuche mündete. Am Nachmittag des 04.09.2024 erfolgte letztlich der Erwerb der Tatwaffe in Österreich.
Ergebnis Handyauswertung
Beim verstorbenen Täter wurde ein Mobiltelefon aufgefunden. Obwohl das Smartphone Schussdefekte aufwies, konnten die Daten auf dem Gerät durch IT-Forensiker des BLKA gesichert werden. Im Ergebnis der umfangreichen und mit Hochdruck geführten Auswertung des Mobiltelefons ergaben sich keinerlei Hinweise auf mögliche Mittäter oder sonstige Tatbeteiligte. Er hatte nahezu keine sozialen Kontakte außerhalb der Familie. Die starke Affinität des Täters zu Waffen konnte hierbei erneut verifiziert werden.
Hintergrundermittlungen zu einer möglichen Radikalisierung
Die Ermittlungen zu den vom Täter besuchten Moscheen in Österreich ergaben in diesem Zusammenhang keine auffälligen Erkenntnisse. Allerdings konnte im weiteren Verlauf festgestellt werden, dass er bereits im Jahr 2021 Symboliken der islamistischen Terrororganisation „HTS“ in einem Computerspiel verwendet hatte. Ebenso wurde eine virtuelle Befassung mit Inhalten, die eine Benachteiligung von Muslimen aufgreifen, und ein häufiger Konsum von Videos zum Nahostkonflikt, insbesondere im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg, festgestellt. Der Täter verfasste unter derartigen Videos zudem antisemitische Kommentare und bezeichnete Dritte als „Kuffar“ (Ungläubige).
Auch nach Einbindung der Operativen Fallanalyse (OFA) beim PP München kann festgestellt werden, dass es sich bei dem Angriff auf das Israelische Generalkonsulat am 5. September 2024 um eine terroristisch motivierte Tat gehandelt hat. Im Ergebnis der Ermittlungen kann eine antiisraelische Tatmotivation angenommen werden, während islamistische Beweggründe eine untergeordnete Rolle gespielt haben dürften. Vielmehr zeigte sich beim Täter das Bild einer unreifen Persönlichkeit, die sich in einer Phase des Umbruchs und der Instabilität befand.
Ausschluss Mittäter
Das Kontaktumfeld des Täters wurde unter Beteiligung etlicher Behörden und internationaler Partner minutiös ausermittelt. Dabei ergaben sich keinerlei Hinweise auf weitere Tatbeteiligte, Mitwisser oder Anstifter.
Betreuungsaspekt
Im Rahmen von Betreuungsmaßnahmen der Soko Karolinenplatz wurden insgesamt 16 Privatpersonen sowie 30 Einrichtungen durch polizeiliche Kräfte kontaktiert. Hierbei handelte es sich sowohl um Personen, die direkt von der Tat betroffen waren (Augen- sowie Ohrenzeugen) sowie um Personen, die mittelbar über ihren Arbeitgeber in die Geschehnisse vom 5. September 2024 verwickelt waren, da sie zum Tatzeitpunkt in unmittelbarer Nähe zur Tatörtlichkeit arbeiteten. Die Privatpersonen wurden den jeweils zuständigen Diensten für die psychosoziale Nachsorge übergeben. Darüber hinaus wurden sie auf die Möglichkeit einer finanziellen Entschädigung beziehungsweise Beteiligung an entstandenen Behandlungskosten im Rahmen der Opferentschädigung hingewiesen. Weiter waren auch unmittelbar vom Einsatz betroffene Polizeibeamtinnen und -beamte in interne Betreuungsmaßnahmen eingebettet.
Austausch / Einbindung israelische Behörden
Die israelischen Behörden unterstützten die Soko Karolinenplatz umfassend, indem vorliegendes Videomaterial aus dem Sicherheitsbereich um das Generalkonsulat schnell und unbürokratisch zur Verwendung im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zur Verfügung gestellt wurde. Ferner konnte in Zusammenarbeit mit den israelischen Behörden ein Tatzusammenhang mit einem vorangegangen Flaschenwurf auf das Konsulatsgebäude zügig ausgeschlossen werden. Im Rahmen der Soko Karolinenplatz wurden, in engem Zusammenwirken mit dem Zentralen Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz und dem Beauftragten der Bayerischen Polizei gegen Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus, die israelischen Behörden fortlaufend über den Stand der Ermittlungen im Hinblick das IGK betreffende Sicherheitsaspekte informiert.
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